Der Fall des Negus: Wie Sahle Sellassies Herrschaft über Äthiopien zu Ende ging

Die Geschichte Afrikas ist voller beeindruckender Persönlichkeiten und einschneidender Ereignisse, die den Kontinent bis heute prägen. Eines dieser Ereignisse ist der Sturz des letzten äthiopischen Kaisers, Haile Selassie I., im Jahr 1974. Dieser Moment markierte nicht nur das Ende einer Dynastie, sondern auch einen Wendepunkt in der Geschichte Äthiopiens, dessen Auswirkungen bis heute spürbar sind.
Um dieses historische Ereignis zu verstehen, müssen wir uns zunächst mit dem Mann befassen, der im Zentrum stand: Haile Selassie I., geboren als Tafari Makonnen. Er war ein charismatischer Führer, der Äthiopien durch turbulente Zeiten führte und für seine fortschrittlichen Reformen bekannt war. Unter seiner Herrschaft erlebte das Land eine Modernisierung in Bereichen wie Bildung, Infrastruktur und Gesundheit. Selassie förderte die Industrialisierung, investierte in den Straßenbau und gründete die erste Universität des Landes.
Doch trotz dieser Erfolge geriet Selassies Herrschaft im Laufe der Zeit unter Druck. Eine wachsende Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung, wirtschaftliche Schwierigkeiten und politische Spannungen führten zu einer zunehmenden Instabilität. Die landwirtschaftlich geprägte Gesellschaft litt unter Missernten und Armut, während die urbanen Zentren von Arbeitslosigkeit und Überbevölkerung betroffen waren.
Hinzu kam eine zunehmende Radikalisierung in den politischen Bewegungen Äthiopiens. Linke Gruppierungen wie der “Bewegung der Revolutionäre” forderten tiefgreifende soziale Veränderungen und kritisierten Selassies autoritäre Führungsstil scharf. Die militärische Junta unter Oberst Mengistu Haile Mariam nutzte diese Unzufriedenheit aus und initiierte im September 1974 einen Putsch, der Selassies Herrschaft abrupt beendete.
Der Sturz eines Kaisers: Wie es zum Putsch kam
Der Putsch gegen Selassie war kein Blitz aus heiterem Himmel. Vielmehr waren in den Jahren zuvor politische Spannungen gestiegen und die Kritik an Selassies Regime hatte zugenommen.
- Armut und wirtschaftliche Probleme: Die äthiopische Wirtschaft litt unter strukturellen Problemen wie Missernten, Überbevölkerung und mangelnder Industrialisierung. Diese Probleme führten zu wachsender Armut und sozialer Ungleichheit.
- Politische Repression: Selassie regierte Äthiopien mit einer Handvolltreuer Anhänger und duldete keine Opposition. Seine autoritäre Führungsstil schürte Unzufriedenheit in breiten Bevölkerungsschichten.
- Militärische Unzufriedenheit: Das äthiopische Militär war durch niedrige Löhne, schlechte Bedingungen und mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten unzufrieden.
Diese Faktoren führten zu einer wachsenden Radikalisierung innerhalb der Armee. Im August 1974 formierte sich eine Gruppe von Offizieren unter der Führung von Oberst Mengistu Haile Mariam und initiierte einen Staatsstreich.
Die Ereignisse des Putsches: Ein detaillierter Blick
Der Putsch begann am 12. September 1974 mit der Verhaftung Selassies und anderer Mitglieder seiner Regierung. Die Junta, die sich selbst “DerKoordinationsrat für die Streitkräfte” nannte, übernahm die Macht und löste alle politischen Institutionen auf. Selassie wurde in einem geheimen Gefängnis gefangen gehalten, wo er im August 1975 unter mysteriösen Umständen starb.
Datum | Ereignis |
---|---|
12. September 1974 | Verhaftung von Kaiser Haile Selassie I. durch die militärische Junta |
13.-16. September 1974 | Die Junta übernimmt die Kontrolle über Medien, Infrastruktur und staatliche Institutionen |
28. September 1974 | Selassies Familie wird verhaftet |
August 1975 | Todesfall Haile Selassie I. in Gefangenschaft; offizielle Todesursache: “natürlicher Tod” |
Die Folgen des Putsches für Äthiopien
Der Sturz von Haile Selassie markierte den Beginn einer neuen Ära in der äthiopischen Geschichte. Die Militärjunta unter Mengistu Haile Mariam setzte eine radikal-sozialistische Politik um und führte Reformen durch, die die Gesellschaft tiefgreifend veränderten.
- Nationalisierung: Die Junta nationalisierte Unternehmen, Banken und Landgüter, was zu einer massiven Umverteilung des Eigentums führte.
- Sozialprogramme: Die Junta implementierte Programme zur Bekämpfung von Armut und Analphabetismus.
- Politischer Terror: Die Junta etablierte eine totalitäre Herrschaft, die mit brutaler Gewalt gegen politische Gegner vorgegangen ist.
Der Putsch hatte weitreichende Folgen für Äthiopien. Während einige Reformen zunächst positive Effekte hatten, wie z.B. die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten, führte die totalitäre Politik der Junta zu wirtschaftlichem Niedergang und einem grausamen Bürgerkrieg, der Millionen von Menschen das Leben kostete.
Fazit: Ein komplexes Erbe
Der Sturz Haile Selassies I. war ein Wendepunkt in der Geschichte Äthiopiens. Während er als charismatischer Führer und Reformer gilt, konnte seine autoritäre Herrschaft nicht die wachsenden Probleme des Landes lösen. Der Putsch, der ihn beendete, hatte zwar zunächst einige positive Auswirkungen, führte jedoch langfristig zu einem blutigen Bürgerkrieg und einer politischen Krise, die das Land jahrzehntelang prägen sollte.